Niclas Blattmann (Vorstand Sport) traf sich am letzten Freitag mit Pressesprecher Mayer zu einer kleinen Radtour durch Biengen mit anschließendem Corso-Gespräch am Sportplatz. Das Corona-Virus wird nur kurz angerissen - viel mehr geht es um Themen wie die Gentrifizierung im ländlichen Raum, das Ehrenamt im Verein, den Jugendfußball mit Spezi-Humpen und um den Ort, an dem Blattmann nach anstrengenden Wochen Kraft tanken kann.
Der Vorstand Sport Niclas Blattmann schlendert über den frisch gemachten Rasen vor dem Clubheim.
Mayer: Wie stehst Du zur Initiative „Unser Biengen“?
Blattmann: Wir sind doch politisch neutral.
Mayer: Laut Satzung parteipolitisch neutral.
Blattmann: Ich sehe die Entwicklung mit Sorge. Die radikale Gentrifizierung ist auch im ländlichen Raum ein ernstzunehmendes Problem.
Die Fahrt geht weiter: Vorbei am Löwen, hinab zum Wäldele. Und dann am Neumagen weiter, vorbei am alten Sportplatz, über den Autobahnzubringer und dann freihändig hinunter zum Clubheim. Dazu später aber mehr.
Bevor wir uns am Clubheim hinsetzen, muss Blattmann erst mal den Blütenstaub von der Bank wischen. Der Frühling ist da, doch der Ball ruht.
Mayer: Der Südbadische Fußballverband (SBFV) hat den Spielbetrieb vorerst eingestellt. Was ist der aktuelle Stand in Sachen Corona-Virus?
Blattmann: Der aktuelle Stand ist ungewiss. Der Spielbetrieb ruht bis mindestens Ende April. Wir richten uns nach den Vorgaben des Verbandes und können das Handeln des SBFV nicht beeinflussen. Was wir derzeit noch hoffen können, ist, dass die Rückrunde im Juni zu Ende gespielt und somit verlängert werden könnte. Das kennt doch jeder: Bei wunderschönem Wetter macht es einfach viel mehr Spaß zu Kicken. Und noch schöner ist es, auf dem Sportplatz ein isotonisches Getränk zu sich zu nehmen.
Es hängt in der Luft, ob der Spielbetrieb bald wieder aufgenommen wird.
Mayer: Das Zuschauen finde ich auch besonders schön.
Blattmann: Ja, das schweißt zusammen. Die dritte Halbzeit spielt eine große Rolle im Amateurfußball.
Mayer: Was war Dein schönster Moment in der Hinrunde?
Blattmann: Als Spieler war es das 12:1 gegen den SV Gottenheim. Auch wenn ich nicht dabei war (lacht).
Mayer: Das Spiel war schon sensationell. Da stand man draußen, hat das Spiel geschaut und nach fünf Minuten stand es 3:0. Man war einfach nur fassungslos. Und alle, die zu spät kamen – zum Beispiel der Grossmann oder Kevin – haben gedacht, dass wir sie verarschen.
Blattmann: Das war schon ein prägender Moment. Ich glaube, ich war an dem Wochenende in Konstanz oder Berlin. Als Vorstand war der schönste Moment… (überlegt sehr lange)
Mayer: Da fällt mir auch direkt nichts ein. Vielleicht, dass die Dachsanierung aus dem Protokoll verschwunden ist. Aber die Kühlraumtür, die seit zwei Jahren im Protokoll steht, gibt der Arbeit in der Vorstandschaft eine gewisse Konstanz. Das finde ich schön.
Blattmann (lacht): Ohja, die Kühlraumtür. Als Jugendtrainer war mein Highlight die Meisterschaft im Herbst. Nach dem komischen Konzept in der E-Jugend spielen wir jetzt aber gegen bessere Mannschaften, weil die Staffeln neu eingeteilt werden.
Mayer: Ist das nicht eine gute Idee? Somit spielen dann jeweils die Stärkeren und Schwächeren gegeneinander.
Blattmann: Ich feiere das nicht. Ich hätte in der Rückrunde nochmal gerne gegen die gleichen Mannschaften gespielt.
Mayer: Nur weil ihr gewonnen habt.
Blattmann: Ja. Es war natürlich schön, kein Spiel zu verlieren (lacht).
Mayer: Aber für die Kinder, die immer verlieren, ist die neu eingeteilte Rückrunde besser.
Blattmann: Ja, das stimmt. Und wir können uns jetzt eher mit Mannschaften auf unserer Wellenlänge messen und dadurch die sportliche Herausforderung suchen (lacht).
Mayer: Wie feiert man in der E2 eine Herbstmeisterschaft?
Blattmann: Wir hatten einen Humpen Spezi. Es gab sogar noch einen zweiten.
Mayer: (lacht) Mir hat ein Jugendtrainer mal zugeflüstert, dass Eltern meinten, dass ein Humpen zu sehr an den Konsum von Alkohol erinnern würde.
Blattmann: Das wäre mir neu. Bei uns war auf jeden Fall der Zuckerflash gegeben (lacht).
Mayer: Apropos Humpen. Wir sind vorher am Löwen vorbeigefahren. Was verbindest Du mit dem Lokal?
Blattmann: Schorle (lacht). Das war früher die Vereinsgaststätte des SV Biengen. Der Löwen ist einer der Hotspots in Biengen, an dem man nette Leute treffen und interessante Gespräche führen kann.
Mayer: Zurück zum Sportplatz: Der Verein braucht immer Helfer. Warum sollten sich Menschen in den Verein einbringen?
Blattmann: Ein ehrenamtlicher Verein lebt natürlich vom Ehrenamt. Ohne die zahlreichen Helfer, die jedes Wochenende dafür sorgen, dass es Getränke und Essen gibt und dass der Spielbetrieb reibungslos läuft, ohne die könnten wir den Amateurfußball in dieser Form nicht stattfinden lassen. Die Jugendtrainer sind dabei natürlich nicht zu vergessen. Ich denke, dass ist das Wichtigste: Die Leute haben in ihrer Freizeit Bock, sich für den Verein zu engagieren und kommen gerne auf den Sportplatz.
Mayer: Und machen im Gegensatz zu manchen Spielern in der Aktiven auch mehr als zwei Arbeitseinsätze in der Saison…
Blattmann: Ja, vielleicht sogar einen dritten Einsatz. Es gibt im Verein oft wenige Leute, die sehr viel für den Verein machen, und manche, die machen nicht so viel. Und dann gibt es noch viele, die sich in der gesunden Mitte bewegen. Es gibt zwei Extreme und eine stabile Mitte. Fast wie in Deutschland.
Mayer: Das Aushängeschild des Vereins sind meist die aktiven Mannschaften, aber das Herz des Vereins schlägt doch in der Jugendabteilung und bei den ehrenamtlichen Helfern neben dem Spielfeld.
Blattmann: Im Vordergrund stehen oft der Spielbetrieb am Sonntag und die Ergebnisse der Aktiven. Man sollte vielleicht in Zukunft…
Blattmann schaut Richtung Hartplatz und sieht eine Person in Sportkleidung neben dem Parkplatz stehen.
Blattmann: Krank, Filmon (Teklebrhan, Sieger des Mitternachtslauf 2019, Anm. d. Red.) trainiert. Hat der nicht Ausgangssperre?
Mayer: Der sollte mal Flügelflitzer beim SV Biengen werden. Vielleicht sollte Awet auch mal so trainingsfleißig sein wie er. Zurück zur deutschen Mitte.
Blattmann: Es wäre wünschenswert, wenn bei Jugendspielen nicht nur die Eltern zuschauen würden. Aber das ist halt oft die Bauernliga (lacht). Schön wäre es, wenn die Jugend mal vor der Aktiven spielen würde.
Mayer: Früher war ich immer mit meinen Geschwistern und Freunden sonntags bei den Spielen auf dem Sportplatz. Wir haben dann gebolzt und sind in der Halbzeit auf das Spielfeld und haben auf das große Tor geschossen. Das sieht man heute aber gar nicht mehr.
Blattmann: Das Gefühl habe ich auch. Das ist komplett verschwunden.
Mayer: Und in der zweiten Halbzeit kam immer Benjamin Borgas auf einen zu und fragte, ob man gegen Spezi und Wurst mit der Spendenkasse für die Jugend um den Platz laufen möchte. Eine kleine Spende für die Jugend…
Blattmann: Das gibt’s auch nicht mehr. Da bräuchten wir einen Beauftragten für.
Mayer: Zurück in die Gegenwart: Was machst Du die nächsten vier Wochen?
Blattmann: Ich bleibe vorbildlich zuhause. Und ich könnte mal wieder joggen gehen.
Mayer: Am 27. März wäre die Jahreshauptversammlung gewesen. Hättest Du Dich wieder zur Wahl aufstellen lassen?
Blattmann: Ich hätte mich auf jeden Fall zur Wiederwahl aufgestellt, weil mir die Arbeit im Team der Vorstandschaft sehr viel Spaß macht.
Mayer: Wir sind vorher auf dem Weg zum Sportplatz auch durch das Wäldele gefahren. Warum?
Blattmann: Das Wäldele ist ein Ort zum Abschalten und um Ruhe zu finden. Dort tanke ich Kraft.
Mayer: Ich wünsche Dir viel Kraft in den kommenden Wochen. Vielen Dank für das Gespräch!
Blattmann: Ich habe zu danken.